Rheinische Begriffe

In diesem Bereich werden “Rheinische Begriffe” von Heinrich Spohr erläutert.

 


 
Affekat
Ein ‘Affekat’ oder ‘Affkat’ hat mitnichten etwas mit einem Affen zu tun. Zugrunde liegt das lateinisch-französische Advokat, l’avocat, auf deutsch der Anwalt. Wenn jemand so gut reden oder schreiben kann wie ein Anwalt, der ja bekannter Maßen die Gabe der guten Rede und auch der präzisen Schrift hat, sagt man in der rheinischen Mundart: Hä kann rede on schrieve als wie ne Affekat.
 
Ballke, Ballkes, Bällchen, Bälleke, Bällekes
Dat Ballke, de Ballkes sind die mundartlich-rheinischen Formen des Diminutivs von »dr Ball«. Im Standarddeutschen lauten diese Formen: das Bällchen (Singular), die Bällchen (Plural). Auch im Rheinischen gibt es diese Form als »dat Bälleken«. Diesen Bildungen liegt »der Ball« mit der Bedeutung ‘kleiner, kugelrunder Spielball’ zu Grunde und geht auf das althochdeutsche ‘pallo’ und auf das mittelhochdeutsche ‘bal’- zurück. Letzteres gibt es auch im Niederländischen als ‘ball, ballen’. Immer bedeutet es, direkt und übertragen, ein Ball zum Spielen, Werfen, Schlagen, also etwas Rundes.
Klein und rund sind auch die Klößchen aus Mark und geriebenem Weißröstbrot in der klaren Rinder- oder Hühnerbrühe. Und die heißen im Rheinischen »Bällches« (im Köln-Neußer Sprachraum) und »Bällekes« in Düsseldorf.
Wie kommt es nun zur Bedeutung: Zuckerbonbon?
Eigentlich sind die kleinen Stückchen bei uns die »Klömpkes« (die Klümpchen, die kleinen Klumpen). Und das waren die von einer Malztafel abgebrochenen, süßen Stücke, also Stückchen, Malzzuckerstückchen: de Klömpkes. Sind die Klömpkes aber rund oder abgerundet, dann sehen sie aus wie kleine Bälle, in unserer Mundart »Ballkes«, also normdeutsch: Bällchen.
Im sprachlich benachbarten Niederländischen bezeichnet ‘balleke’ dialektal eine Süßigkeit aus hart gekochtem Zucker in zumeist kugeliger Form. Balleke ist die Verkleinerungsformen von ‘Ball’.
So hat die Form dem Zuckerklümpchen den Namen »Ballke, Ballkes« gegeben.
Heute ist allgemein das aus der französischen Kindersprache entlehnte Bonbon (= Gutgut) üblich.
 
Fisternölles, Fisternöllches
Als »Fisternölles« wird ein Bastler, ein Tüftler bezeichnet, also einer, der sich mit kleinen Dingen beschäftigt, die Fingerfertigkeit und Gewandtheit voraussetzen. Dass dabei auch mal getrickst wird, versteht sich an Rande. Daraus entwickelt hat sich die Bedeutung: ne Fisternöll aanfange, was so viel heißt, wie: etwas nicht ganz Korrektes tun oder etwas Illegales anfangen, also ein kleines, aber nicht ganz risikofreies Verhältnis anfangen.
Der »Fisternölles« ist aber auch der Nörgler, der überall etwas zu bekritteln hat und nicht zuletzt auch deshalb als Kleinigkeitskrämer oder kleinlicher Mensch angesehen wird, der sich um Angelegenheiten kümmert, die ihn nichts angehen.
»Fistere« ist kritisieren, bekritteln, gleich bedeutend mit der verbalisierten Langform »fisternölle«, das auch in der Nebenbedeutung ‘nörgeln’ gebraucht wird.
»Nölles«, auch »Nöles«, ist die rheinische Form des Vornamens Arnold, den es auch in der Variante »Nöldes« und im Diminutiv »Nöllche« gibt. Warum dieser Vorname mit »fistere« in Verbindung gebracht wird, ist nicht klar, hat aber sicherlich nichts mit dem Vornamen als Solchem zu tun, denn auch andere Vornamen werden an bestimmte Tätigkeiten geheftet, um den zu beschreibenden Typ zu charakterisieren: Piefehännes, Pitterlöres, Miesepitter, Transuse, u. a.
Bleibt noch die Frage nach der Etymologie des Wortteils »Fister«. Dem wird das Althochdeutsche ‘Pfister’ (lat. pistor) zugrunde gelegt. Der Pfister war der Klosterbäcker, der kleines, feines Gebäck nach geheimem Rezept herstellte. Die Berufsangabe wurde zum Familiennamen.
Dass der »Fisternölles« auch seltsame, geheime Geschichten, also »Fisternöllches« oder »Fisternöllekes« verbreitet, weist sprachlich auf den französischen ‘Fils de Noel’, den Sohn des Weihnachtsmanns hin. Das Kind, das das junge Mädchen neun Monate nach Weihnachten bekommt, dessen Vater es nicht kennt oder nicht kennen will, entstammt einer geheimen Liaison. Da es aber einen Vater geben musste, war der insgeheim der Weihnachtsmann ‘le Père de Noel’, mit dem die junge Frau ein Verhältnis hatte. Und folglich war der Sohn des ‘Père de Noel’ der ‘Fils de Noel’, der »Fis te Nöll«. Solche ungeklärten Verhältnisse nannte der mundartliche Volksmund »Fisternöllches«.
Offenbar haben sich in »Fisternölles«, »Fisternöllches« mehrere Etymologien sprachlich gekreuzt.
 
Flönz
Ursprünglich das Endstück der Blutwurst (»Bloodwohsch«) oder Leberwurst (»Läwerwohsch«) mit dem abgekordelten Zipfel. Heute ist der Begriff ‘Flönz’ nur noch für das Endstück einer einfachen Blutwurst gebräuchlich und wird so in den Brauereien serviert. Genossen wird dieser Flönz kalt, mit Mostert und Zwiebelringen, Öllekrengskes’, und einem Alt, ggfs mit einem Schnaps, ‘met ene Kohze’ .Die Etymologie von ‘Flönz’. weißt auf das mittelhochdeutsche ‘vlans’ und das mundartliche ‘Flunsch’, was soviel heißt wie Schmollmund (Bild der zum Schmollen vorgestülpten Mundlippen).
Quelle: Rh. WB Bd II, 1931
 
Flötze
Ursprünglich wurde das Verb ‘flötze’ im Düsseldorf-Neusser Raum bis nach Grevenbroich gebraucht für ‘rauchen, starken Tabak rauchen, qualmen’ und das zumeist im Verborgenen, verbotener Weise. Dass dies gern von kleinen Jungen im Versteck getan wurde, sozusagen als Beweis der Stärke und Größe, versteht sich am Rande. Unter Freunden wird der Ausdruck ‘flötzen’ auch gerne gebraucht, um dieses gesundheitswidrige Tun zu bezeichnen: ‘Beste schon wedder am flötze?!’ ‘Die send als wedder am flötze!’ Abgeleitet vom Verb ‘flötze’ ist ‘de Flötzerei’ und ‘ne Flötzer’. Ob ‘flötze’ etymologisch mit flößen und infolgedessen mit dem Flößer, den man im 19. Jahrhundert auch ‘Flötzer, Flözer) ‘ nannte, zu tun hat, ist nicht gesichert. Natürlich waren die Flößer starke, harte Kerle, die auch rauchten. In Neuss ist der Ausdruck üblich: Över de Flöz loope’, über die Floßstämme laufen — eine gefährliche Tätigkeit der damaligen Neusser Jungen. Dieses ‘Flöz’ schreibt man in der Tat mit z, was einen sprachlichen Zusammenhang mit ‘flötze’ impliziert. Vielleicht haben die Jungen die Flößer rauchen gesehen und wollten mit dem ‘Flötzen’ genau so stark sein wie diese.
 
Kalmeskäu
Aus dem Lateinischen ‘calamus’ bzw. griechisch kálamos ins Rheinische gewanderter Begriff, der ursprünglich eine schilfartige Pflanze mit einer bitter schmeckenden Wurzel bezeichnet, die gegen Magenbeschwerden oder Zahnschmerzen gekaut wurde. Aus calamus und Kauen entwickelte sich im Düsseldorfer Raum ‘Kalmeskäu’. Damit bezeichnet man verächtliches, langstieliges, langweiliges Gerede, das immer wieder erzählt wird, also wiedergekaut, wiedergekäut – ‘wedder jekäut’ – wird: Wat verzällt hä för ene Kalmeskäu?!
 
Kinkerlitz, Kenkerlitz, Kinkerlitzkes
Dat Kinkerlitz , zumeist im Plural und im Diminutiv – de Kinkerlitzkes – gebraucht, bezeichnet etwas Kleines, Unscheinbares, kleine, unwesentliche Sachen. Zur weiter gehenden Bedeutung finden wir im 9-bändigen Rheinischen Wörterbuch für Kinkerlitzkes: 1. billiger Zierrat, Nippsachen, Kleinigkeit und in der übertragenen Bedeutung: kleine Späße, Dummheiten, faule Ausrede, Vorspiegelung. Dieser Begriff ist im ganzen Rheinland üblich.
Auf der Such nach der Etymologie, stoßen wir auf Kink und Kinkert. Kink ist im rheinischen der kleine Finger. Im Neuss-Dormagener Raum spricht man von Kingert (kindersprachlich). en kleen Litzke ist ein kleines erbärmliches Kind (nachgewiesen im Mettmann-Velberter Raum).
Im Uerdingen Land bedeutet Litz soviel wie eine kleine Schnur. En Letz ist bei uns eine Litze.
Wenn also schon Kink oder Kenk etwas Kleines ist (e kleen Kenk!) und das dann auch noch tautologisch mit Litz verbunden ist, dann haben wir in klitzekleen (am Mittelrhein: litzeklen = winzig klein) eine ähnliche Bildung.
Wir finden die Kinkerlitzkes in folgenden Wendungen:
Dat send doch bloß Kinkerlitzkes.
Hör op met sone Kinkerlitzkes.
Mach kinn Kinkerlitzkes. Verzäll kinn Kinkerlitzkes.
Dat Lisbett köft sech bloß Kinkerlitzkes.
 
Klöngel, klöngelech, Klöngelskram, Klöngelspitter
Ursprünglich ein Knäuel Garn, ist diese Bezeichnung in der Variante »Knüngel«, zumeist phonetisch als »Klüngel« besser sprechbar, im ganzen Rheinland in der Grundbedeutung ‘verworren’ verbreitet.
Häufig wird »Klüngel«, »Klöngel« in übertragener Bedeutung gebraucht: geheime Fäden knüpfen, Strippen ziehen, Verabredungen oder Vereinbarungen, die hinten herum oder unter der Hand getroffen werden (Vetternwirtschaft), vor allen bei öffentlichen Entscheidungen, um sich und Anderen oder einer Gruppe (Clique) unerkannt Vorteile zu verschaffen. Bekannt ist vor Allem »dr Kölsche Klüngel« oder »dr Nüsser Klöngel«, um dem Einen ein Pöstchen (e Pöstche) und dem Anderen ein Ämtchen (e Ämpche) oder einen Auftrag (ne Ofdrach) zu verschaffen. Von Köln aus hat sich diese Bedeutung nach Düsseldorf und ins Niederrheinische und darüber hinaus verbreitet. »Klöngel« wird aber auch in der Bedeutung ‘unklare Angelegenheit, ungeordneter Zustand’, in den kein Licht zu bringen ist, verwendet. In Düsseldorf wird auch gern das Verb »klöngele« benutzt, wenn etwas insgeheim ausgeheckt wird, was kein Anderer mitkriegen soll: »die send jett am usklöngele«; »dat hant die onger sech jeklöngelt«. »Klöngele« kann aber auch bedeuten: ein Verhältnis haben: »die klöngelt met alle Kähls« (die treibt es mit jedem).
Im Düsseldorfer Raum verbreitet finden sich Zusammensetzungen wie »Klöngelskram«, »Klöngelkrom« für Klüngelei, geheime Machenschaften, undurchschaubare Sachen und »Klöngelspitter« für jemanden, der »klöngelt«. »Klöngelech« ist einer, der schlampig, zerlumpt, unordentlich gekleidet ist, aber auch langsam seine Arbeit tut. »E klöngelech Verhältnes« hat einer, der in Düsseldorf liebelt ohne ernste Absicht.
 
Kniepech
Die Suche nach der Bedeutung des rheinischen Ausdrucks ‘kniepech’ führt zu kneipig, kneifend. Da wird etwas zusammengekniffen. Wer etwas in der Hand zusammendrückt, zusammenkneift, der will es nicht rausrücken, will es für sich behalten, es nicht mit jemandem teilen. Dieses geizige Verhalten beschreibt das Rheinische mit ‘kniepech’. ‘Dr Pitter ess ene kniepeje Kähl’ = Peter ist ein geiziger Typ, ein Geizkragen. ‘Kniepech’ ist also: geizig, knauserig, übertrieben sparsam. Das Substantiv dazu lautet: de Kniepechkeet.
Wenn es draußen klirrend kalt ist, dass der Frost die Glieder zusammenzieht, dann sagt der Rheinländer: ‘Et ess kniepech kalt’. Auch das Zusammenziehen der Augen, das Augen-zu-Knipsen, hängt sprachlich damit zusammen: ‘de Oore zo (zesamme) kniepe’.
 
Knies
‘Knies’ ist Schmutz, Dreck, zumeist in klebriger Farm, dann auch ‘Knas’ genannt. Wenn die Zimmerecken nicht sauber geputzt sind, dann ist dort ‘Knies’. Knies’ kann aber auch an Kleidern sein, so z. B. an der Ärmeln oder am Kragen: fetteje Knies. Auch der Kopfschorf auf der Kopfhaut oder hinter den ungewaschenen Ohren wird mit ‘Knies’ bezeichnet. ‘Knies’ können aber auch zwei Menschen haben, die mit einander in Streit, in Zank, im Zwist liegen: Dat Lissa hät ständech met dem Hännes Knies.
Ein ‘Kniesbüüdel’ oder ‘Knister’ kann sowohl ein Geizkragen als auch ein schmutziger, ungepflegter Mensch sein oder sogar beides. Veraltet ist der abgeleitete Ausdruck ‘Knisterhannes’ für elender Geizhals. Das vor allem in Gerresheim übliche Adjektiv ‘kniestech’ heißt schmutzig, schmierig. Seit dem 14. Jh. ist ‘Knies, Kneis, Kneist, Knist, Gneist’ in der Bedeutung von Schmutz an Gegenständen oder am Körper vor allem im Rheinischen belegt. Der ‘Knas’ ist nur eine mundartliche Variante in ein und derselben Bedeutung.
 
Knisterfister
Der Ausdruck besteht aus zwei Teilen. Ein ‘Knisterer’ ist ein Kleinlichkeitskrämer, der an allem etwas zu bekritteln, auszusetzen, zu kritisieren hat. Ein ‘Knisterer’ ist aber auch jemand, der bastelt oder pingelig genau an kleinen Dingen arbeitet. Auch der zweite Wortteil ‘fistere’ bedeutet: etwas auszusetzen haben, ‘jett zo fistere han’. Somit haben beide Wortteile den gleichen Sinn. Jeder Teil verstärkt des anderen durch die Gleichlautung in seiner Bedeutung.
 
Kreppke
Ein ‘Kreppke’ ist eine Gruppe, ein Stammtischkreis, im Wirtschaftsleben ein Team. Wenn das ‘Kreppke’ eine zweifelhafte Gruppe bezeichnet, dann nennt man diese ‘e nett Kreppke’: dat ess mech äwer e nett Kreppke, wobei das ‘nett’ eine ironisch-negative Bedeutung hat.  Auch das Kaffeekränzchen der Damen nennt man ‘Kreppke’. Das ist dann ‘e fein Kreppke’. Ob ‘Kreppke’ sprachlich mit der Kerbe etwas zu tun, die der Wirt den Stammtischbrüdern – dem Kreppke – in die Verzehrslatte ‘kreppte’, bleibt noch zu untersuchen.
 
Küles
»Küles«, auch »Kühles«, sind die Roggen-Brötchen in rundlicher Doppelform, die in Düsseldorf als Brötchenvariante mit eingebackenen Rosinen gern zum Frühstück verzehrt werden und in den Traditionsbäckereien zu haben sind. Der mundartliche Begriff geht sprachlich auf das Französische ‘le cul’ zurück, der die rundliche Doppelform des Gesäßes beschreibt.
 
Kwatsch
Mit ‘dr Kwatsch’, gelegentlich auch ‘Quatsch’ geschrieben, bezeichnet man im Rheinischen ‘Unsinn, dummes Zeug, dummes, einfältiges Gerede’. ‘Hä kwatscht vell, wenn dr Daach lang ess’. ‘Redt nit sonne Kwatsch. Do bess ene rechteje Kwatschkopp, also ein Schwätzer, der nur unsinniges Zeug ausdrückt. Und damit sind wir in der Etymologie. Kwatsch, kwatschen kommt von quetschen, engl.: squash, ausdrücken, ausquetschen, wobei ein quietschendes Geräusch entsteht. ‘Kwatschnasse Schoh’ sind Schuhe, die völlig durchnässt sind und die beim Gehen ‘kwatsche’. Ableitungen: eene aankwatsche (jem. anreden), Kwatschbroder, Kwatschhannes (Schwätzer), Kwatschmull (viel redender Mund).
 
Latzejestell, Luschhöhnche
In dem Begriff ‘Latzejestell’ verbirgt sich einesteils ‘Latz’, was soviel wie Latte heißt und ‘Jestell’, dem auf Standarddeutsch das Gestell entspricht. Der Begriff bedeutet also Lattengestell. Doch in der bildhaften Rheinischen Mundart ist ein ‘Latzejestell’ eine hagere Person, die so dünn und lang ist wie die Latten eines Lattengestells. Wenn es sich um eine hagere Frauensperson handelt, die zudem noch aufgedonnert (opjedonnert), also übertrieben herausgeputzt und geschminkt ist, dann nennt man in der Mundart dieses ‘Madämke’: ‘en tapezeerde Latz’. Wenn eine solche Person auch noch einen kleinen Hund an der Leine hat, dann ist dies ‘en Höngkesmadam’. Hat diese Person zudem noch einen alten, ausgefallenen Hut auf, dann heißt dieser ‘e Lüschke’ und diese Person ist dann uncharmanterweise ‘e Lüschhöhnche’ oder ‘Luschhöhnche’. ‘Lusch’ ist eigentlich das dünne Schilfrohr. Ein ‘Luschhohn’, im Diminutiv ‘Luschhöhnche’ ist eine buntes Teichhuhn, das auf Wasserflächen mit Schilf anzutreffen ist.
 
Lauschäpper
‘Lauschäpper’ sind die Zeitgenossen, die auf Kosten der anderen essen und, wenn es ans Zahlen geht, sich davor drücken, ähnlich wie die Nassauer. Der Ausdruck leitet sich aus dem Jiddischen, bzw. dem Rotwelsch ab, wobei ‘lau’ nein, nicht(s), umsonst bedeutet. Der ‘Schäpper’ oder ‘Schepper’ ist derjenige, der auf dem Schiff mitfährt, sich aber vor dem Zahlen drückt, also für lau, ‘för lau’ mitfährt. (s. auch JW 2.2011)
 
Möpp, Fiese Möpp
Ein ‘Möpp’ oder ein ‘Mopps’, im Diminutiv ‘Möppske’ bezeichnet im Rheinischen verächtlich einen kleinen, dicken Mann, auch einen plattschnäuzigen fetten Hund (Möppi). Wenn der so bezeichnete Mann auch noch einen schlechten Charakter hat, dann ist der ‘ne fiese Möpp’. Sprachlich damit zusammen hängend ist das Verb ‘moppsen’, d. i. stehlen, heimlich wegnehmen. Etymologisch bedeutet ‘Mopp’ in der Grundbedeutung ‘ein dicker Gegenstand’, auf den Menschen bezogen ‘eine dicke Person mit einem verzogenen Gesichtsausdruck’. Das seit dem 16. Jh. im Mittel- und Niederdeutschen nachgewiesene Wort geht auf das Verb ‘moppen, möppen’, d. i. ‘das Gesicht verziehen’ zurück , was im Hochdeutschen ‘müpfen’, ‘die Nase rümpfen’ bedeutet.
‘Möppske’, auch ‘Möbbelche’ ist die Koseform für ein kleines, liebes, rundliches, wohlgenährtes Kind, Mädchen.
‘Fies’ ist in der Mundart jemand oder etwas, das charakterlich widerwärtig, abstoßend, ekelhaft, ungepflegt wirkt: ne fiese Kähl, ne fiese Möpp; die kann ärch fies wähde; dä hät ne fiese Charakter.
Das Wort entstammt dem Niederdeutschen v?s.
Siehe auch: Rhein. WB Bd V; J. & W. Grimm: Deutsches WB1885; Der große Duden Bd 3, 1999
 
Neurötche
‘Neurötche’ ist eine weibliche Person, zumeist Hausfrau, die zwar sparsam ist, aber es bis zum Geiz treibt und sich und anderen nichts gönnt. ‘Se kann nit jönne könne!’ und macht sich damit unbeliebt. Ob ‘dat Neurötche’ mit neurotisch oder mit neu eingefärbtem, roten Haar zusammenhängt, ist nicht geklärt. Eine sprachliche Kreuzung ist nicht auszuschließen.
Jedenfalls kann ein ‘Neurötche’ einem schon gehörig auf die Nerven gehen.
 
Nonneföhzkes

Ein »Nonneföhzke« ist ein kleines Karnevalshefegebäck in rundlicher Form, das einseitig spitz zuläuft. Es wird in Öl gebacken und nach dem Abtropfen mit Zucker bestreut. Zur Etynologie: Der rheinische »Fohz« ist der Furz, der entweichende Darmwind des Standarddeutschen und »Föhzke« ist das dazu gehörende Diminutiv; »de Nonn« ist die Klosterfrau. Wenn der Darmwind entweicht, kann dabei auch ein wenig Konsistenz entfleuchen, das die Form eines »Nonneföhzke« haben kann. Auf Standarddeutsch müsste man ‘Heilige Blähung’ sagen. In Düsseldorfer Traditionsbäckereien sind die sehr beliebten »Nonneföhzkes« erhältlich, so auch in der Carlstadt bei J. Hinkel. »Nonneföhzkes« werden auch »Muzemändelches« oder »Muze« genannt.

Panz, Pänz, Penz
Eine sprachliche Analyse
Panz und Penz sind im gesamten Rheinland übliche Begriffe unterschiedlicher etymologischer Herkunft und Bedeutung.
Panz
Panz geht etymologisch auf das Französische ‘la panse’ zurück, was der Pansen, der dicke Bauch, der Wanst, der Schmerbauch, der Pansen der Wiederkäuer bedeutet. Es ist gebräuchlich im Mittelfränkischen Gebiet der Mosel und der Süd- und Mitteleifel bis hinauf ins Ripuarische mit dem Großraum Köln bis an die Benrather Linie und darüber hinaus; hier allerdings zumeist in der pluralen Form ‘Pänz’.
Der Begriff ‘Panz’ bezeichnet auch den Rumpf bei Mensch und Tier und verächtlich den Unterleib, den Bauch besonders bei beleibten Leuten. Viele Bedeutungen werden bildhaft angewendet und sind im übertragenen Sinn zu verstehen: met sinne dicke Panz, sech de Panz voll stoppe (Eifel), sech e Pänzche aanjefresse han (Itter-Himmelgeist); auch: enem dr Panz voll haue; du kriegs dr Panz jehaue; enem en dr Panz tredde (kölnisch), ene verfresse Panz (kölnisch); dä kann dr Panz nit voll jenoch kreeje; de es te fuul, sinne Panz te drare (Mönchen-Gladbach); dat Wif hät der Düvel em Panz (im Ripuarischen); hä hät ehsch jenoch, wenn hä dr Panz voll hät (Volmerswerth); nur op de eijen Panz bedach sin (im Ripuarischen).
In der Westeifel bedeutet ‘Panz’ auch ‘kleiner, dickleibiger, missgestalteter, böswilliger Mensch’. Davon abgeleitet ‘freche Pänz, Sau-Pänz, fuhle Pänz met ene dicke Buk.
In allen Bedeutungsfällen, egal ob wertfrei oder übertragen, bezeichnet ‘Panz’ oder ‘Pänz’ immer etwas Kleines, Rundes, Dickes, Unförmliches. Darauf werden dann unliebsame Eigenschaften projiziert: böswilliger eigennütziger Mensch: ne fuule Panz.
Der Plural ‘Pänz’ wird allgemein in verächtlichem Sinn gebraucht, und hier zumeist zur Bezeichnung von ungeratenen, ungezogenen, Ärger erregenden Kindern: Du häs äwer Pänz; meng Pänz fresse mir de Hor vom Kopp (kölnisch); freche Pänz, fiese Pänz, fuule Pänz, die verdammte Pänz. Alle diese pluralen Formen sind auch im Düsseldorfer Rheinisch üblich.
Darüber hinaus gibt es den Begriff ‘Panz’ auch zur Bezeichnung von rundlichen und runden Sachen: Panzpott (bauchiger Krug: Eupen-Raeren); Panzrasen (Leibweh, im Ripuarischen).
Auch der Panzer ist ein unförmliches Ding, das auf den Begriff ‘Panz’ etymologisch zurück geht.
Penz
Penz leitet sich ab von Penning, Pennich, nhd. Pfennig, was soviel bedeutet wie kleine Münze (Geld), kleines Stück, kleiner, kurzer Stift, ein Pinn, Holzkeil. Im Angelsächsischen wird daraus Pence, ein kleines Münzstück.
Im Düsseldorfer Rheinisch bezeichnet man mit ‘Penz’ einen kleinen Jungen, egal ob im Singular oder Plural. In jedem Fall ist es ein wertfreier Begriff, der in der Erweiterung die kleinen Kinder im Allgemeinen umfasst: De Penz von de Citta send nohloope am speele; dat send onse Penz; de Penz vom Wisse Sonndaach.
Gekreuzt hat sich Penz gelegentlich mit dem negativ belegten, jiddisch-rotwelschen ‘Pennes’ (Pennbruder).
Beide Begriffe Pänz und Penz sind homophon, also gleich lautend. Darin liegt äußerlich die Schwierigkeit der Schreibung. Dieser Schwierigkeit kann man aber elegant aus dem Wege gehen, wenn man das auf Panz zurückgehende, zumeist negativ besetzte Pänz mit ä, was etymologisch angemessen ist und Penz mit e schreibt, was sich auch etymologisch begründen lässt.
Dat send janz leeve Penz!  —  Dat send äwer fiese Pänz!
 
Penningsfuchser
Der Begriff ‘Penningsfuchser’ besteht aus zwei Wörtern: Penning, in der ursprünglichen Bedeutung ‘Medaille’, Geld, Geldstück und Fuchser, das sich von ‘Fuchs’ herleitet.
Den Ausdruck gibt es auch im Standarddeutsch: Pfennigsfuchser.
Aber: was hat der Fuchs mit dem Geld zu tun?
Der Fuchs gilt als schlaues, listenreiches Tier: Ne Fuchs hät ne schlaue Buk. Passt op Ehr Lütt, passt op, Ehr Lütt, dr Fuchs setz en dr Jahde, on friss Üch all de Druve af, on driss Üch op de Blare. Dr Fuchs süht en et Loch, eh dat hä erin krüfft.
Diese Schläue überträgt sich sprachlich auch auf den Menschen: Dä es schlau als wie ne Fuchs. Das von Fuchs abgeleitete Verb lautet im Standarddeutsch ‘fuchsen’, in der Rheinischen Mundart ‘fuchse’ und meint: einen (sich) ärgern. Dat hät mech äwer jefuchs. Ist der Mensch mit allen Wassern gewaschen, listig, verschmitzt, verschlagen, dann ess hä usjefuchs. Dat ess ne usjefuchste Pitter.
Von dem Verb ‘fuchse’ leitet sich das Substantiv ‘Fuchser’ her. ‘Ne Fuchser’ ist jemand, der sehr wohl weiß, mit den Dingen, besonders mit kleinen Dingen umzugehen. Und damit wären wir wieder bei den Kleinigkeiten, bei den Geldstücken. Der Fuchser ist ein übertrieben sparsamer Mensch, der aber erwerbstüchtig ist. Dass dabei der Geiz eine gewisse Rolle spielt, ja, dass er auch zum Kleinigkeitskrämer werden kann, ist nicht auszuschließen. Ne Penningsfuchser deht de Jröschelches fönnef Mol erömdriehe. Hä passt dobei op wie ne Fuchs, dat em nix dörch de Fenger jeht.
 
Pimpernell
‘Et ess för öm de Pimpernell zo kreeje’. Diese im übertragenen Sinn gebrauchte Wendung heißt: es ist nicht zum Aushalten; dabei kann man die Geduld verlieren; das macht einen nervös. Der aus dem Französischen kommende Ausdruck – la pimprenelle – bezeichnet ein Küchen- und Heilkraut: die Pimpinelle, den Wiesenknopf, auch das Zittergras. Von Letzterem ist der Weg zur Bedeutung ‘zittern’ oder ‘nervös sein / werden’ nicht weit. Der vermutete Zusammenhang zu ‘bibbern’ = zittern ist sprachlich nicht belegbar. Wer ‘de Pimpenell kritt’, kann über die Handlungsweise ärgerlicher Zeitgenossen ausrasten.
 
Ping, Pingel, pingelech
Hä moss vell Ping liede.
Buckping es besser als Zangping.
Nä, wat es dat för ne Pingel!
Dat es Pingels Kram.
Do bes äwer ärch pingelech!
Solche Wendungen hört man täglich.
Der Ursprung des all diesen Wendungen zugrunde liegenden Begriffs ‘Ping’ liegt im Lateinischen poena, was soviel wie ‘Schmerz, Leid’, aber auch ‘Strafe’ bedeutet.
Wer viel auszustehen hat, wer viel zu leiden oder zu ertragen hat, dä moss vell Ping liede, vell Ping usstonn.
Das kann auch seelische Not sein.
Wenn einer Bauchweh, Zahnweh, Zahnschmerzen, Kopfschmerzen oder Leibschmerzen hat, dä hät Buckping, Zangping, Koppping, Lievping, odder Ping em Liev.
Wenn eener ne Pingel es odder ne pingeleje Kähl odder ne Pingellöres, dann ist es ein Mensch, der ein Geizhals und / oder ein übertrieben genauer, überempfindlicher, überängstlicher, auch schnell beleidigter Mensch ist.
Das Adjektiv dazu lautet ‘pingelech’ und wurde umgangssprachlich als ‘pingelig’ ins Normdeutsch übernommen.
Pingelech hat eine große Bedeutungsbreite: genau, peinlich genau, kleinlich, wählerisch, ängstlich, sehr empfindlich, wehleidig, leicht gereizt, schnell beleidigt, zimperlich, übertrieben genau, übertrieben ordnungsliebend, auch: knauserisch, geizig.
Wer etwas sehr genau, übertrieben genau nimmt, dä es dodren ärch pingelech.
Dem Normdeutschen ‘Kleinkram’ entspricht im Düsseldorfer Rheinisch: dr Pingelskram (Pingels Kram).
Wer sich nicht wohl fühlt, dä hät Ping em Liev (im Leib).
Und wenn einer Ängste ausgestanden hat, dann hät dä döchtech vell Ping jehatt, vell Ping usjestange.
Wenn der aber nur sehr ängstlich ist, dann es dä eso pingelech als wie e roh Ei.
Damit der so Angesprochene sich nicht so anstellen soll, dann sagt man: Sidd doch bloß nit eso pingelech!
Das Normdeutsche ‘penibel’, das zu uns über das Französische ‘pénible’ gekommen ist, stammt übrigens aus der gleichen lateinischen Wurzel ‘poena’ = die Pein, das Weh, die Strafe.
Eine Sache peinlich genau behandeln, kann unter Umständen sträflich, also ‘pingelech’ sein und wenn man dabei noch Erbsen zählt, dann kann das auf Andere verdammt penibel wirken. Hier zeigt sich, wie ein Begriff (auch fremdwörtlichen Ursprungs) von der Mundart in die Normsprache wandert, wie also mundartliche Begriffe (Wörter) die Normsprache bereichern. Das belegen viele Beispiele. Unsere deutsche Normsprache lebt aus der Mundart, bei uns aus dem Rheinischen … und mit dieser Feststellung brauchen wir gar nicht so pingelig, rheinisch: pingelech, zu sein, womit wir den sprachlichen Bogen bis zu Konrad Adenauer geschlagen hätten.
Lommer als nit eso pingelech sin!
 
Pittermann, Pittermänneke
Pitter ist als rheinische Form von Peter im Rheinland von der Mosel über Eupen-Aachen, West-Eifel, Niederrhein bis ins Bergische gebräuchliche Form von Peter.
Die Form Pittermann und das Diminutiv Pittermänneke (Pittermännche) sind Koseformen von Peter, Pitter.
Im übertragenen Sinn ist das Pittermännche, Pittermänneke ein kleiner Mann, am Niederrhein auch der kleine Finger. Im kurtrierer Raum war das Pittermännche eine kleine Münze mit dem Bildnis des Petrus. In Aachen gab es eine kleine Silbermünze, die bis Anfang des 19. Jhds. im Umlauf war. Bis 1860 gab es eine kleine, dünne preußische Silber-Münze von 25 Pfennig, die den Namen Pittermann erhielt, die von einer sehr kleinen 20-Pfennig-Münze, die bis 1880 im Umlauf war, ersetzt wurde. Der Peterspfennig ist bekanntermaßen das Geld, das man der Kirche zu geben hatte und mit dem der Petersdom in Rom gebaut wurde. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass sehr kleine Münzen diesen Namen erhielten, auch wenn sie nichts mehr mit der Kirche zu tun hatten.
Die Kleinheit des Gegenstandes hat sich auch auf Gefäße übertragen.
Im Düsseldorfer Raum wird ein kleines, 5-Liter-Fass, das man in den Brauereien erhält, Pittermann, genannt. Auch ein kleiner, aber lieber Junge wird kosend ‘Pittermänneke’ oder ‘onse leeve Pittermann’ genannt, egal wie er wirklich hieß.
 
Plüschprumm
Der Ausdruck besteht aus zwei Teilen: Plüsch und Prumm.
‘Plüsch’ bedeutet Samt, kurz geschnittener, weicher Haarschopf zumeist bei kleinen Kindern, über den man zärtlich streicht. Da die Oberfläche eines Pfirsich sich samtig anfühlt, hat sich diese Bedeutung auf die seidig behaarte Steinfrucht übertragen. Der Wortteil ‘Plüsch’ findet sich auch in ‘Plüschaap’, ‘Plüschsoffa’ u.a.
Der Wortteil ‘Prumm’ bezeichnet die Pflaume und leitet sich aus dem Niederländischen bzw. aus dem Französischen ‘la prune’ ab.
 
Quissel, quisselech
Quisel, Quiesel, Quissel ist ein Begriff, der mit diesen Schreibvarianten, auch Kwissel, im gesamten Rheinland von der Saar bis ins niederländische anzutreffen ist. Bei uns im Düsseldorfer Raum wird Quisel ‘Quissel’ geschrieben, weil das i im Düsseldorferischen kurz und das s stimmhaft gesprochen wird.
Ein Quissel, ‘ne Quissel’ ist urspründlich ein beweglicher, kleiner Mann, ein flottes, kleines Kind, eine behände Person, also jemand, der sich emsig um etwas kümmert. Der Begriff hat aber eine Bedeutungsverschlechterung durchgemacht und bezeichnet vor allem im Düsseldorfer Raum eine Person, eine Frau, die ständig etwas auszusetzen hat, die übertrieben kleinlich, pingelig ist: Nä, wat es dat för ene Quissel. Dat es ene onanjenähme Quissel. Als Nebenbedeutung gibt es auch noch: scheinheilige Betschwester und quisselech in der Bedeutung von zimperlich. ‘Die ahl Quissel es dr Janze Daach en de Kerk. Wie kammer bloß eso quisselech sin. Quisselech bedeutet auch: nervös, von innerer Unruhe getrieben.
Es gibt auch den Ausdruck ‘Quisselskram’, womit die kleinen Dinge gemeint sind.
In der Etymologie vermutet man einen Zusammenhang zu ‘Wiesel, wieseln = sich unruhig, schnell bewegen.
 
Sal-söß
Sal-söß bedeutet heuchlerisch-süß, schmeichlerisch. ‘Ne sal-söße Kähl’ ist ein Süßholzraspler, der mit würdevoller Rede gegen seine eigene Überzeugung sich freundlich gibt, einen würdevollen Schein erweckt. Sal-söß kann aber auch süß-sauer bedeuten. ‘Sie macht ein süß-saures Gesicht > Se mäkt e sal-söß Gesech’. Sie verzieht ihr Gesicht ‘zustimmend-ablehnend’, eben süß-sauer und gibt damit zu verstehen, dass ihr die Angelegenheit eigentlich nicht passt.
Der Wortteil ‘sal-‘ kommt aus dem Französischen ‘sale’ und bedeutet ‘schmutzig, dreckig, dunkel’, auch im übertragenen Sinn: un sale type’. (Quelle: Rhein. WB Bd VII 1958)
Das ‘sale’ an den Schaufenstern kann auf nicht mehr brauchbare Ware hinweisen oder auf nicht geputzte, schmutzige Schaufensterscheiben … hinter denen es billige Ware gibt. Vielleicht ist der Kaufmann der Schlussverkaufsware aber auch ein Verehrer des Heiligen François de Sale?
 
Spikelöres
Ein Spikelöres ist jemand, der auf seinen Vorteil aus ist, der überall seine Nase rein steckt: Dat es ene fiese Spekelöres.
Das Verb dazu heißt: spekeleere und bedeutet: nach etwas trachten, auf etwas lauern, etwas auskundschaften, aber unbemerkt, auch geschäftlich spekulieren: dä spekeleert on hät spekeleert, jezz esse bangkrott. Hä hät falsch spekeleert, hä hät sech kapott spekeleert.
Der Ausdruck stammt aus dem Französischen: spéculer und heißt: denken, nachdenken, grübeln, trachten, spekulieren. Er ist über das Mosellanische, die Eifel zu uns gekommen.
‘Wä spekeleert, dä profeteert’ sagt man in der Eifel (Schleiden).
 
Spirenskes
Wenn die Schreibweise auch variiert, jeder weiß, was damit gemeint ist, oder zumindest glaubt er es. Aber die Frage nach der der genauen Bedeutung gibt in der Antwort eine große Bandbreite wieder: Ausflüchte, Umschweife, Ausreden sagen die Einen, die sich bei der Wortherkunft auf ein Mittellateinische sperentia = Hoffnung verweisen. Andere erläutern die ‘Spirenskes / Sperensjes mit: Kleinigkeiten, die man so nebenbei, auch heimlich oder hinten herum macht. Das können auch Dummheiten, Faxen sein.
Und damit sind wir etymologisch in der Phonetik. Der Spirans, die Spiranten sind Reibelaute, also Konsonanten, die durch hörbar ausströmende Atemluft artikuliert werden. Die aus der engen Mundöffnung ausströmende Atemluft erzeugt Töne, Zischtöne, die so nebenbei hörbar werden wie: zs, šş, ç, j ĵ, w, v, f.
Die Kleinigkeiten, die heimlichen Faxen, die man so nebenbei macht, sind wie die Reibelaute, die bei der ′in die Enge′ getriebenen Luft, zischend als Nebenprodukt der Artikulation hörbar werden.
Und damit sind wir bei des Wortes Kern. Wer sich sprachlich nicht klar ausdrückt, wer nuschelt, wer zischend, also unartikuliert spricht, erweckt den hörbaren Eindruck, als habe er etwas zu verbergen. Oder anders ausgedrückt: Er druckst (sprachlich) herum, als ob er Dummes täte. Vielleicht will er das auch so. Vielleicht will er ja gerade diesen Anschein erwecken, um seine eigentliche Absicht zu verbergen.
So entsteht aus einem sprachlichen Phänomen eine Bedeutungserweiterung. Oft ist die Absicht allerdings durchschaubar: Mach doch nit so dumme Spirenskes!
 
Stiekum
Stiekum, gelegentlich trotz des langgesprochenen i ‘stickum’ geschrieben, heißt: heimlich, still, unbemerkt, auch: hinten herum.
Es entstammt dem Jiddischen bzw. Rotwelschen ‘Schtike, štike’, was soviel wie ‘Stille, Schweigen, Ruhe’ bedeutet. ‘Hä hät sech janz stiekum verdröckt’ = Er hat sich heimlich davongemacht. ‘Sech stiekum halde’ = sich bedeckt halten. ‘Dat hät hä met däm stiekum usjemaht’ = Das hat er mit ihm heimlich, still und leise verabredet. ‘Dat Lissa deht et met dem Pitter stiekum’ = Lisa treibt es heimlich mit Peter.
Stiekum, irgendwann einmal von ‘stiekem’, das es auch im Niederländischen gibt, latinisiert, ist im ganzen Rheinland verbreitet.
 
Tschüss, Ade
Wenn man sich verabschiedet, tut man das in der Regel mit »(Auf) Wiedersehen! «.
Unter guten Freunden und Bekannten ist häufig in Df die Formel «Tschüss« üblich. Varianten davon werden sowohl in der Hochsprache wie in der Mundart – und das gilt nicht nur für das Rheinische – angewendet: Tschöh, Schöh, Schüss, Atschüss, Adjüs, Schökes, Schö-öö, auch Ade (Adé) im süddeutschen Raum.
Allen diesen Verabschiedungsformeln liegt das französische »à Dieu« (mit Gott, Gott befohlen) zu Grunde, das ab 1600 als Modewort in unsere Sprache eindrang. Das »Ade« geht zwar auch auf »A Dieu« zurück, ist aber wesentlich älter. Es entstammt als Abschiedsformel dem Altfranzösischen des 11. Jhds. »A Deu«, »Adé« in der Bedeutung: (Du seiest) Gott empfohlen, Geh mit Gott. Hieraus hat sich im Mittelhochdeutschen ‘Ade’, gesprochen ‘adee’ entwickelt. Auch das Italienische »Ciao« hängt sprachlich mit »à Dieu« zusammen.
Quelle: A. Dauzat u.a.: Nouveau Dictionnaire Etymologique et historique, Paris 1994
Friedrich Kluge, Etymologisches Wörterbuch der Deutschen Sprache, Berlin 1975
 
Zöbbel
Dieses Wort gibt es überall im Rheinland, jedoch mit den unterschiedlichsten Bedeutungen: gutmütiger Einfallspinsel, furchtsamer Mensch, schlampiger, in der Kleidung nachlässiger Kerl oder ungehobelter, plumper Typ.
Im Düsseldorfer Raum ist ein Zöbbel ein ‘nachlässiger Mensch’: Du bes ene verdammte Zöbbel. Ein Zöbbel ist aber auch ein ‘frescher Kerl, ein ungezogener Junge’: Hä es ene Zöbbel von ene Jong’, Du Zöbbel, du solls Dech jet schäme!’
Aber nicht nur Kerle sind ‘Zöbbel’, auch Mädchen. Dann benutzt man aber vorzugsweise das Diminutiv: ‘Dat es velleech e Zöbbelche’, will sagen: Sie ist ein unordentliches Mädchen. Und zöbbelech ist schmuddelig: Nä, wat sühst Du äwer hüt zöbbelech uus.
Von Zöbbel abgeleitet ist: Jezöbbels, was soviel heißt, wie ungepflegte, unordentliche, zottelige Haare, Frisur.
Die Herkunft des Begriffs ‘Zöbbel’ geht zurück auf das Schweizerisch-schwäbische ‘Zobeli, Zobele, was soviel heißt, wie zerzauster, unordentlicher Mensch mit wildem Haar. Es ist seit dem 16. Jh. nachgewiesen. Über das Elsass und die Pfalz ist dieses Wort zu uns gewandert. Es gibt dort auch das Verb ‘zobeln’ = an den Haaren ziehen, zerzausen.
Die Verdoppelung des b und die Mutierung des o zu ö sind typisch rheinische Sprachvorgänge.